Salzburger Ärzteführer 2022
SALZBURGER ÄRZTEführer 2022 20 21 auf welchem der Untersucher diese betrachten kann. Eine wichtige Voraussetzung ist, dass der Darm gut vorbereitet und entleert ist. Ist die Darmspiegelung bei guter Entleerung vollständig bis in das obere Ende des Dickdarms erfolgt und ein unauffälliger Befund erhoben, so ist die nächste Koloskopie erst wieder in zehn Jahren erforderlich. Wurden hingegen Polypen gefunden und entfernt, so ist das Untersuchungsintervall in Abhängigkeit vom erhobenen Befund kurzfristiger festzulegen. Sanfte Koloskopie Viele Menschen haben noch immer Angst vor einer Darmspiegelung. Die Untersuchung findet jedoch in einer Art Dämmerschlaf statt und ist nicht unangenehm, belastend oder schmerzhaft. Studien haben gezeigt, dass mehr als die Hälfte der Bevölkerung (über 50 Jahre) noch nie eine Darmspiegelung durchführen ließ. Die Koloskopie gilt somit nach wie vor als „Goldstandard“ in der Darmkrebsvorsorge und Früh- erkennung. Durch den Lockdown, aber auch andere Phasen der Pandemie, haben viele Patienten, mit oder ohne Be- schwerden, die Arztpraxen gemieden und so konnte leider oft erst sehr verspätet die Diagnose Darmkrebs gestellt werden. Die österreichischen Ordinationen arbeiten mit höchsten Hygienestandards und es stehen ausreichend Schutzausrüstungen zur Verfügung. Die Möglichkeit der Vorsor- gekoloskopie sollte also auch während der COVID-19-Pandemie in Anspruch genommen werden. Gastautorin Dr. Hella Spaun Fachgruppenobfrau Chirurgie der Ärztekammer für Salzburg Studien belegen, dass jede fünfte beschwerdefreie Österreicherin bzw. jeder fünfte beschwerdefreie Österrei- cher ab dem 50. Lebensjahr Vorstufen von Krebs im Dickdarm hat. Dickdarm- krebs zählt zu den häufigsten und gefährlichsten Krebserkrankungen. Jedes Jahr gibt es in Österreich 4500 Neuerkrankungen, trotz aller Fort- schritte sterben 2700 Menschen (mehr Männer als Frauen) jährlich daran. Mehr als 90 Prozent dieser Karzino- me sind aus einem über viele Jahre langsam wachsenden und ursprüng- lich gutartigen Darmpolypen entstan- den. Darmkrebs ist, wie kein anderer Tumor, früh zu erkennen und damit gut heilbar. Ideal dafür geeignet ist die Darmspiegelung, auch Koloskopie genannt. Die Entfernung von Darm- polypen während der Darmspiegelung ist Diagnose, Therapie und Krebsvor- sorge in einem. Risikoabschätzung Ab dem 40. Lebensjahr steigt das Risiko für Dickdarmkrebs, weshalb ein ärztliches Gespräch durchgeführt werden sollte. Gibt es in der Familiengeschichte keine Darmkrebserkrankungen, ist die erste Koloskopie ab dem 50. Le- bensjahr zu empfehlen. Wurde bei Verwandten ersten Grades ein Dickdarmkrebs festgestellt, ist es sinnvoll, die erste Koloskopie zeitlich vorzuziehen. Fünf bis zehn Pro- zent aller Krebserkrankungen sind auf genetische Veranlagung zurückzuführen. In manchen Familien tritt z. B. Krebs der Brust, der Gebärmutter oder des Dickdarms gehäuft auf. Dann spricht man von Krebsrisikofamilien. Vorsorgekoloskopie Die Untersuchung erfolgt mit einem gut biegsamen Endoskop (Video- Koloskop), das über den After eingeführt wird und von dort weiter in die höheren Dickdarmabschnitte vorgeschoben wird. Das vordere Ende des schlauchartigen Endos- kops ist in alle Richtungen beweglich. Dort befindet sich auch eine Mini- kamera, die Bilder über einen Pro- zessor auf einen Monitor sendet, Ich spür ja nichts – warum soll ich also eine Darmspiegelung machen? Leider findet man immer wieder „Ausreden“, warum es gerade jetzt nicht geht: Stress im Beruf, zu viele Termine, man hat ja ohnedies keine Schmerzen. Das kann fatale Folgen haben. Bild: privat BILD: SN/ADOBE STOCK/SIZESqUARE’S
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