Salzburger Ärzteführer 2023

SALZBURGER ÄRZTEführer 2023 20 Sexualmedizin ist ein Fach der klinischen Medizin, das sich mit der Sexualität des Menschen und ihren Störungen befasst. Sie erfordert eine fächerübergreifende und ganzheitli- che Beschäftigung mit dem sexuellen Erleben und Verhalten bei „Gesunden“ und „Kranken“. Es gibt kaum einen Fachbereich der Medizin, in dem Ärztinnen und Ärzte nicht mit sexuel- len Problemen und Störungen konfrontiert werden. Es gibt aber keinen vergleichbar wichtigen Ge- sundheitsbereich, auf den professio- nelle Helfer so wenig und so schlecht vorbereitet werden wie auf die sexuelle Gesundheit. Obwohl es seit einigen Jahren einen großen Zuwachs des grundlagenwissenschaftlichen Ver- ständnisses und der diagnostischen sowie therapeutischen Möglichkeiten gibt, hat die Sexualmedizin in der Medizin noch keineswegs den Stel- lenwert erhalten, der ihr mit Blick auf die weite Verbreitung von Ein- schränkungen der sexuellen Gesund- heit zukommen müsste. Die Weltge- sundheitsorganisation (WHO) definiert, dass die sexuelle Gesundheit untrenn- bar mit der Gesundheit insgesamt, mit Wohlbefinden und Lebensqualität verbunden ist, und fordert seit dem Jahr 2000, dass die sexuelle Ge- sundheit als Teil der Gesamtgesund- heit gesehen und angesprochen werden soll. Laut Statistik Austria leidet mehr als ein Drittel der österreichischen Bevölkerung an einer dauerhaften Krankheit oder einem chronischen Gesundheitsproblem. Besonders häufig sind etwa Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, des Stoffwechsels, des rheumatischen Formenkreises sowie Krebs und psychische Krankheiten. Vor allem die genannten chronischen Erkrankungen sowie die in diesem Zusammenhang verordneten Arzneimittel gehören zu den Hauptursachen organisch bedingter Sexualstörungen wie Erektionsstörungen, Erregungs- und Orgasmusprobleme, um nur einige zu nennen. Die Auswirkungen und der Leidensdruck, welche für Betroffene entstehen, werden dabei vielfach unterschätzt. Sexualität betrifft und berührt viele Fachbereiche und steht in gewisser Weise auch „zwischen allen Disziplinen“. In Österreich gibt es bereits seit 2011 ein Sexualmedizin- Diplom, welches sexualmedizinische Diagnostik und Therapie als Zusatzausbildung festlegt. Es wird die syndyastische Sexualtherapie als maßgebliche Intervention für die sexualmedizinische Behandlung sexueller Störungen verwendet. Sie beruht nicht auf den komplexen Theorien des menschlichen Erlebens und Verhaltens, sondern auf den menschlichen Grundbedürfnissen nach Akzeptanz, Nähe, Sicherheit und Vertrauen. Die Therapie soll die Patientinnen und Patienten dabei unterstützen, ihre Bedürfnisse wahrzunehmen und diese adäquat zu kommunizieren. Für „krankheits- und behandlungsbedingte Sexualstörungen“, denen vor allem im klinischen Alltag eine bedeutsame Rolle zukommt, gilt die syndyastische Fokussierung nachweislich als eine geeignete Behandlungstechnik mit übersichtlichem zeitlichen Aufwand. Ärztinnen und Ärzte, die eine solche Sexualmedizin-Diplom Sexuelle Gesundheit ist untrennbar mit der Gesundheit insgesamt, mit Wohlbefinden und Lebensqualität verbunden.

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